Von Werbeblockern und modernen Raubrittern

Das Angebot des Werbeblockerprogramms AdBlock Plus verstößt nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb.

Der klagende Verlag, die Axel Springer AG, stellt ihre redaktionellen Inhalte auch auf ihren Internetseiten zur Verfügung. Dieses Angebot finanziert sie durch Werbung, also mit dem Entgelt, das sie von anderen Unternehmen für die Veröffentlichung von Werbung auf diesen Internetseiten erhält.

Die beklagte Fa. Eyeo GmbH vertreibt das Computerprogramm AdBlock Plus, mit dem Werbung auf Internetseiten unterdrückt werden kann. Werbung, die von den Filterregeln erfasst wird, die in einer sogenannten Blacklist enthalten sind, wird automatisch blockiert. Dabei bietet sie Unternehmen die Möglichkeit, ihre Werbung von dieser Blockade durch Aufnahme in eine sogenannte Whitelist ausnehmen zu lassen. Voraussetzung hierfür ist, dass diese Werbung die von der Eyeo GmbH gestellten Anforderungen an eine „akzeptable Werbung“ erfüllt und die Unternehmen die Eyeo am Umsatz beteiligen. Bei kleineren und mittleren Unternehmen verlangt die Beklagte für die Ausnahme von der automatischen Blockade nach eigenen Angaben keine Umsatzbeteiligung.

Die Axel Springer AG hält den Vertrieb des Werbeblockers für wettbewerbswidrig. Sie hat beantragt, die Eyeo GmbH und ihre Geschäftsführer zu verurteilen, es zu unterlassen, ein Computerprogramm anzubieten, das Werbeinhalte auf näher bezeichneten Webseiten unterdrückt. Hilfsweise hat sie das Verbot beantragt, ein solches Computerprogramm anzubieten, wenn und soweit Werbung nur nach von der Eyeo GmbH vorgegebenen Kriterien und gegen Zahlung eines Entgelts nicht unterdrückt wird.

In erster Instanz hatte die Klage vor dem Landgericht Köln keinen Erfolg1. Das Oberlandesgericht Köln hat dagegen im Berufungsverfahren unter Abweisung der Klage im Übrigen das mit dem Hilfsantrag begehrte Verbot erlassen2. Der Bundesgerichtshof hat nun auf die Revision der Eyeo GmbH das Berufungsurteil aufgehoben und die Klage auch hinsichtlich des Hilfsantrags abgewiesen:

Das Angebot des Werbeblockers stellt keine gezielte Behinderung im Sinne des § 4 Nr. 4 UWG dar, befand der Bundesgerichtshof. Eine Verdrängungsabsicht liegt nicht vor. Die Eyeo GmbH verfolgt in erster Linie die Beförderung ihres eigenen Wettbewerbs. Sie erzielt Einnahmen, indem sie gegen Entgelt die Möglichkeit der Freischaltung von Werbung durch die Aufnahme in die Whitelist eröffnet. Das Geschäftsmodell der Eyeo GmbH setzt demnach die Funktionsfähigkeit der Internetseiten der Verlage voraus.

Die Eyeo GmbH wirkt mit dem Angebot des Programms nicht unmittelbar auf die von den Verlagen angebotenen Dienstleistungen ein. Der Einsatz des Programms liegt in der autonomen Entscheidung der Internetnutzer. Die mittelbare Beeinträchtigung des Angebots der Verlage ist nicht unlauter. Das Programm unterlaufe, so der Bundesgerichtshof weiter, keine gegen Werbeblocker gerichteten Schutzvorkehrungen des Internetangebots der Axel Springer AG.

Auch die Abwägung der Interessen der Betroffenen führt nicht zu dem Ergebnis, dass eine unlautere Behinderung der Verlegerin vorliegt. Der Verlegerin ist auch mit Blick auf das Grundrecht der Pressefreiheit zumutbar, den vom Einsatz des Programms ausgehenden Beeinträchtigung zu begegnen, indem sie die ihr möglichen Abwehrmaßnahmen ergreift. Dazu gehört etwa das Aussperren von Nutzern, die nicht bereit sind, auf den Einsatz des Werbeblockers zu verzichten.

Es liegt für den Bundesgerichtshof auch keine allgemeine Marktbehinderung vor, weil keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Geschäftsmodell der Bereitstellung kostenloser Inhalte im Internet zerstört wird.

Das Angebot des Werbeblockers stellt nach Ansicht des Bundesgerichtshofs auch – anders als das Oberlandesgericht Köln angenommen hat – keine aggressive geschäftliche Handlung gemäß § 4a UWG gegenüber Unternehmen dar, die an der Schaltung von Werbung auf den Internetseiten der Verlegerin interessiert sind. Es fehlt an einer unzulässigen Beeinflussung dieser Marktteilnehmer, weil die Eyeo GmbH eine ihr durch das technische Mittel des Werbeblockers etwaig zukommende Machtposition jedenfalls nicht in einer Weise ausnutzt, die die Fähigkeit der Marktteilnehmer zu einer informierten Entscheidung wesentlich einschränkt.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 19. April 2018 – I ZR 154/16

  1. LG Köln, Urteil vom 29.09.2015 – 33 O 132/14 []
  2. OLG Köln, Urteil vom 24.06.2016 – 6 U 149/15, GRUR 2016, 1089 []