„My Taxi“-Rabattaktionen

Bonusaktionen für die Smartphone-App „My Taxi“, bei denen registrierte Nutzer lediglich die Hälfte des regulären Fahrpreises zu zahlen haben, während die Taxifahrer die andere Hälfte des Fahrpreises -abzüglich der Vermittlungsgebühren- von der „My Taxi“-Betreiberin erhalten, sind zulässig.

Dies entschied jetzt der Bundesgerichtshof auf die Klage einer Genossenschaft von Taxizentralen in Deutschland, die die Taxi-Bestell-App „Taxi Deutschland“ betreibt.Sie hielt die von „My Taxi“ veranstalteten Bonusaktionen für wettbewerbswidrig, weil sie gegen die Pflicht zur Einhaltung der behördlich festgesetzten Taxitarife verstießen, und nahm die „My Taxi“-Betreiberin auf Unterlassung derartiger Aktionen in Anspruch.

Das erstinstanzlich mit der Unterlassungsklage befasste Landgericht Frankfurt am Main hat der Klage gegen „My Taxi“ stattgegeben1. Die hiergegen gerichtete Berufung von „My Taxi“ blieb vor dem Oberlandesgericht Frankfurt ebenfalls erfolglos2. Mit der vom Bundesgerichtshof zugelassenen Revision verfolgte „My Taxi“ ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter und hatte nun Erfolg; der Bundesgerichtshof gab nun der Revision statt und wies die Klage ab:

Die Bonusaktionen der „My Taxi“ verstoßen nicht gegen die tarifliche Preisbindung für Taxiunternehmer. Die „My Taxi“ ist selbst kein Taxiunternehmer, für den die Festpreise gelten. Ihre Tätigkeit beschränkt sich auf die Vermittlung von Fahraufträgen, die von unabhängigen Taxiunternehmen selbständig durchgeführt werden. Diese Taxiunternehmen können uneingeschränkt die Dienste anderer Vermittler, wie etwa der klagenden Taxigenossenschaft, in Anspruch nehmen.

Die „My Taxi“ haftet auch nicht als Anstifterin oder Gehilfin für Wettbewerbsverstöße der ihre Vermittlungsleistungen in Anspruch nehmenden Taxiunternehmer. Die Beteiligung der Taxiunternehmer an den Bonusaktionen der „My Taxi“ ist mit dem Personenbeförderungsgesetz vereinbar. Die Bestimmungen der § 51 Abs. 5, § 39 Abs. 3 PBefG zur Tarifpflicht im Taxiverkehr sind zwar Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3a UWG. Der Taxiunternehmer darf keinen Nachlass auf die tariflichen Festpreise gewähren. Wird der Festpreis vollständig an ihn gezahlt, liegt jedoch kein Verstoß gegen die Tarifpflicht vor. Bei der Prüfung eines Verstoßes gegen die Tarifpflicht kommt es also darauf an, ob das Vermögen des Taxiunternehmers nach Beförderung des Fahrgastes in Höhe des Festpreises vermehrt wird. Wie der Fahrgast das Entgelt finanziert, ist ohne Bedeutung. Bei den Aktionen der „My Taxi“ erhalten die Taxiunternehmen den vollen tariflichen Festpreis. Soweit die „My Taxi“ dabei eine Provision von 7% des Fahrpreises abzieht, handelt es sich um eine zulässige Vergütung ihrer Vermittlungsleistung.

Sinn und Zweck der Tarifpflicht des Taxiunternehmers gebieten kein anderes Ergebnis. Die Funktionsfähigkeit des Taxiverkehrs wird durch die beanstandeten Werbeaktionen der „My Taxi“ nicht beeinträchtigt. Solange den Taxiunternehmen ausreichende Vermittlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, besteht kein Grund, den Wettbewerb im Bereich der Taxivermittlung im Interesse der Funktionsfähigkeit des Taxiverkehrs einzuschränken.

Auch eine unzulässige gezielte Behinderung der Taxigenossenschaft durch die „My Taxi“ (§ 4 Nr. 4 UWG) liegt nicht vor. Die nicht kostendeckende Erbringung einer Dienstleistung ist nur unter bestimmten Voraussetzungen verboten, und zwar insbesondere dann, wenn sie zur Verdrängung von Mitbewerbern geeignet ist und in Verdrängungsabsicht erfolgt. Hier fehlt jedoch eine Eignung zur Verdrängung, weil die Aktionen der „My Taxi“ sowohl räumlich auf mehrere deutsche Großstädte als auch zeitlich beschränkt waren.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 29. März 2018 – I ZR 34/17

  1. LG Frankfurt am Main, Urteil vom 19.01.2016 – 3-06 O 72/15 []
  2. OLG Frankfurt, Urteil vom 02.02.2017 – 6 U 29/16 []