Zahlung des Gesellschafter-Erben an den Nachlassinsolvenzverwalter zur Freigabe eines Kommanditanteils

Leistet der Gesellschafter-Erbe eine Zahlung an den Nachlassinsolvenzverwalter zur Freigabe des von ihm geerbten Kommanditanteils, handelt es sich um eine nach § 12 Nr. 1 EStG privat veranlasste Aufwendung und nicht um eine Sonderbetriebsausgabe.

Zahlung des Gesellschafter-Erben an den Nachlassinsolvenzverwalter zur Freigabe eines Kommanditanteils

Nach § 177 HGB wird -sofern vertraglich nichts Abweichendes bestimmt ist- die Kommanditgesellschaft beim Tod eines Kommanditisten mit den Erben fortgesetzt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geht der Kommanditanteil dabei nicht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Erbengemeinschaft über. Vielmehr erwerben die zur Nachfolge des Kommanditisten bestimmten Erben im Wege der Sonderrechtsnachfolge jeweils eigenständige Gesellschaftsanteile im Umfang ihrer Erbquoten1. Die neuen Kommanditisten sind entsprechend ins Handelsregister einzutragen2.

Das Nachlassinsolvenzverfahren gemäß § 1980 BGB i.V.m. §§ 315 ff. InsO führt zwar gemäß § 80 Abs. 1 InsO dazu, dass das Recht der Erben, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter übergeht. Bei Kommanditanteilen des Erblassers erfasst es indes nur die aus der Kommanditbeteiligung herzuleitenden Vermögensrechte, zum Beispiel die Ansprüche auf das zukünftige Auseinandersetzungs- oder Abfindungsguthaben sowie auf den Gewinn, nicht aber den Anteil als solchen und die persönliche Rechtsstellung des Gesellschafters3. Es bleibt damit bei der einmal vollzogenen Trennung des Kommanditanteils vom erbrechtlich gebundenen Sondervermögen, das heißt der Gesellschaftsanteil verbleibt in der alleinigen Sachbefugnis des Gesellschafter-Erben4.

In Anwendung dieser Grundsätze haben die Erben die Kommanditanteile am Todestag des Erblassers unmittelbar vom Erblasser erworben. Vor diesem Hintergrund konnte der Insolvenzverwalter die Kommanditanteile der S nicht wirksam übertragen, die Gesellschafter-Erben hielten bereits die Anteile. Daher hat deren Zahlung in die Insolvenzmasse nicht zu einem Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmerteilanteils im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 2 EStG geführt. Es fehlt an der entgeltlichen Übertragung eines Mitunternehmerteilanteils auf einen anderen Rechtsträger5.

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Die Zahlung an den Nachlassinsolvenzverwalter ist – entgegen der Ansicht des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg6 – auch nicht als Sonderbetriebsausgaben der Gesellschafter-Erben zu berücksichtigen und hat auch den Gewerbeertrag der UG & Co. KG nicht entsprechend gemindert.

Bei der hier klagenden UG & Co. KG handelt es sich um eine gewerblich geprägte Personengesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. Ihr Betrieb unterliegt daher nach § 2 Abs. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) unabhängig von der Art der ausgeübten Tätigkeit der Gewerbesteuer7. Besteuerungsgrundlage für die Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag (§ 6 GewStG). Gewerbeertrag ist der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum (§ 14 GewStG) entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Beträge (§ 7 Satz 1 GewStG).

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs gehören zum Betriebsvermögen einer gewerblich tätigen Personengesellschaft nicht nur die im Gesamthandsvermögen (Gesellschaftsvermögen) der Mitunternehmer stehenden Wirtschaftsgüter. Vielmehr zählen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 4 Abs. 1 EStG hierzu auch Wirtschaftsgüter, die einem Mitunternehmer gehören, die jedoch dazu geeignet und bestimmt sind, dem Betrieb der Personengesellschaft zu dienen (Sonderbetriebsvermögen I) oder die zur Begründung oder Stärkung der Beteiligung des Gesellschafters an der Personengesellschaft eingesetzt werden (Sonderbetriebsvermögen II)8.

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Zu den gewerblichen Einkünften des Gesellschafters einer Personengesellschaft im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (Mitunternehmerschaft) gehören auch alle Einnahmen und Betriebsausgaben, die ihre Veranlassung in der Beteiligung des Steuerpflichtigen an der Personengesellschaft haben. Sie sind bei ihm als Sonderbetriebseinnahmen oder Sonderbetriebsausgaben zu erfassen9. Ob und inwieweit Aufwendungen in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einer Einkunftsart stehen, hängt von den Gründen ab, aus denen der Steuerpflichtige die Aufwendungen vornimmt. Die Gründe bilden das „auslösende Moment“, das den Steuerpflichtigen bewogen hat, die Kosten zu tragen10.

Auch Abfindungszahlungen für einen „lästigen Gesellschafter“ stellen Aufwand im Zusammenhang mit der Begründung beziehungsweise Stärkung der eigenen Beteiligung dar, der dem Bereich des Sonderbetriebsvermögens – II zuzuordnen ist11.

Das Finanzgericht hat die Vereinbarung zwischen dem Insolvenzverwalter sowie F und M vom 19.09.2014 als entgeltliche Freigabe des gesamten Kommanditanteils aus der Insolvenzmasse „S“ beurteilt und die streitige Zahlung als Sonderbetriebsausgabe angesehen. Die Zahlung habe zum einen die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters im Hinblick auf die den Erben bereits zuzurechnenden Kommanditanteile beendet. Eine Änderung der steuerlichen Zuordnung der Anteile sei damit nicht verbunden gewesen. Zum anderen seien die weiteren Kommanditanteile von der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters befreit worden. Vor diesem Hintergrund stelle die Zahlung von je 25.000 € Sonderbetriebsausgaben dar. Die Aufwendungen seien durch die Sphäre der Personengesellschaft veranlasst, da sie dazu gedient hätten, die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters im Hinblick auf die gesamte Insolvenzmasse aufzuheben. Hingegen lägen keine Anschaffungskosten in Gestalt von Aufwendungen zur Beseitigung von Nutzungseinschränkungen vor.

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Dies hält revisionsrechtlicher Prüfung -soweit das Finanzgericht Sonderbetriebsausgaben der Mitunternehmer angenommen hat- nicht stand:

Gemäß § 118 Abs. 2 FGO ist der Bundesfinanzhof an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, dass in Bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsrügen vorgebracht sind. Auch die Auslegung von Verträgen gehört zu den tatsächlichen Feststellungen im Sinne des § 118 Abs. 2 FGO, deren Vornahme dem Finanzgericht obliegt. Werden -wie im Streitfall- in der Revisionsbegründung keine Verfahrensrügen erhoben, kann die Bindungswirkung der Würdigung des Finanzgerichts nur dann entfallen, wenn die Vorinstanz gesetzliche Auslegungsregeln verletzt, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen oder die Grenzen der freien Beweiswürdigung überschritten hätte. Ist dies nicht der Fall, bindet die Vertragsauslegung des Finanzgericht das Revisionsgericht schon dann, wenn sie lediglich möglich, nicht aber zwingend ist12.

Nach diesen Maßstäben ist die Würdigung des Finanzgerichts, die Vereinbarung zwischen dem Insolvenzverwalter sowie F und M sei als entgeltliche Freigabe des gesamten im Wege der Erbfolge übergegangenen Kommanditanteils der S zu beurteilen, aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Sie erscheint zumindest möglich. Zwar deutet der Wortlaut der Vereinbarung vom 19.09.2014 auf ein Veräußerungsgeschäft hin. Vor dem Hintergrund des laufenden Nachlassinsolvenzverfahrens liegt die Annahme einer „erkauften“ insolvenzrechtlichen Freigabe durch den Insolvenzverwalter allerdings nahe.

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Allerdings vermag der Bundesfinanzhof der Würdigung der Vorinstanz, die Zahlung von 50.000 € sei durch die Beteiligung von F und M an der Personengesellschaft veranlasst, so dass sie als Sonderbetriebsausgabe abgezogen werden könne, nicht zu folgen.

Die Zahlung an den Insolvenzverwalter diente nicht der Stärkung der Kommanditbeteiligungen. F und M wollten mit der Zahlung in die Insolvenzmasse die mit der Nachlassinsolvenz verbundenen Einschränkungen beseitigen. Hierin hat das Finanzgericht zu Unrecht eine durch das Beteiligungsverhältnis veranlasste Zahlung gesehen. Denn der Erbfall als solcher13 und auch die Nachlassinsolvenz sind private Vorgänge. Verwendet der Gesellschafter-Erbe seinen Gewinnanteil, um (private) Nachlassverbindlichkeiten zu begleichen, handelt es sich dabei um privat veranlasste Aufwendungen; sie sind der Ebene der (steuerlich unbeachtlichen) Einkommensverwendung zuzurechnen. Entsprechendes gilt, wenn der Nachlassinsolvenzverwalter Gewinnanteile zur Masse zieht. Im Fall einer entgeltlichen Freigabe wie im vorliegenden Fall kann nichts anderes gelten. Es handelt sich um eine Einmalzahlung zur „Ablösung“ der mit der Nachlassinsolvenz verbundenen Einschränkungen des Gesellschafters, die ertragsteuerlich genauso zu behandeln ist wie die laufende Abführung des Gewinnanteils an den Nachlassinsolvenzverwalter (Einkommensverwendung). Das Finanzamt hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Zahlung bei wirtschaftlicher Betrachtung der Tilgung von Nachlassverbindlichkeiten dient. Diese private Veranlassung überlagert eine mit der Zahlung gegebenenfalls einhergehende Förderung des Beteiligungsverhältnisses.

Die Aufwendungen sind auch nicht mit Abfindungszahlungen an einen „lästigen Gesellschafter“14 vergleichbar. Solche Zahlungen dienen der Stärkung der eigenen Beteiligung des leistenden Gesellschafters und betreffen damit unmittelbar das Beteiligungsverhältnis; die gesellschaftsrechtlichen Mitwirkungsrechte des „lästigen Gesellschafters“ sollen ausgeschlossen beziehungsweise eingeschränkt, die des leistenden Gesellschafters gestärkt werden. Im Streitfall geht es aber allein darum, den eigenen Gewinnanteil als mit der Beteiligung verbundenes Vermögensrecht „behalten zu dürfen“.

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Bundesfinanzhof, Urteil vom 27. Juli 2023 – IV R 10/20

  1. vgl. nur BGH, Beschluss vom 14.02.2012 – II ZB 15/11, Rz 18, m.w.N.[]
  2. Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 5. Aufl., § 177 Rz 5[]
  3. vgl. Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 5. Aufl., § 177 Rz 13; BGH, Urteile vom 30.03.1967 – II ZR 102/65, BGHZ 47, 293; vom 30.04.1984 – II ZR 293/83, BGHZ 91, 132[]
  4. BGH, Urteil vom 30.04.1984 – II ZR 293/83, BGHZ 91, 132, unter 3. [Rz 11][]
  5. zum Begriff der Veräußerung s. BFH, Urteil vom 22.09.1992 – VIII R 7/90, BFHE 170, 29, BStBl II 1993, 228[]
  6. FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18.02.2020 – 8 K 8203/17[]
  7. vgl. nur BFH, Urteil vom 09.03.2023 – IV R 25/20, BFHE 279, 545, BStBl II 2023, 836, Rz 12[]
  8. vgl. nur BFH, Urteil vom 20.04.2023 – IV R 20/20, Rz 42, m.w.N.[]
  9. BFH, Urteile vom 17.06.2019 – IV R 19/16, BFHE 265, 217, BStBl II 2019, 614, Rz 18; vom 17.03.2021 – IV R 20/18, BFHE 272, 440, BStBl II 2021, 904, Rz 24[]
  10. z.B. BFH, Urteil vom 22.03.2022 – IV R 13/18, BFHE 276, 139, BStBl II 2022, 656, Rz 40[]
  11. BFH, Urteil vom 30.03.1993 – VIII R 63/91, BFHE 171, 213, BStBl II 1993, 706, unter II. 1.c bb [Rz 31][]
  12. z.B. BFH, Urteil vom 09.02.2023 – IV R 23/20, Rz 30, m.w.N.[]
  13. BFH, Urteil vom 17.06.1999 – III R 37/98, BFHE 189, 123, BStBl II 1999, 600[]
  14. s. zuletzt BFH, Urteil vom 04.04.2023 – IV R 19/20, Rz 53[]
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